Was habe ich zurückgelassen?

Ich habe Sehnsucht nach Tansania und denke gerade viel an meine Zeit dort. Immer mal wieder skype ich und schreibe auch regelmäßig E-Mails mit meinen Leuten, die mich auch zu vermissen scheinen. Ich habe mir überlegt, was und wen habe ich denn eigentlich zurück gelassen? Und wie habe ich ihn/sie/es zurückgelassen?

 

Ich denke viel an meine Abschiedsfeier. (Hier sind dann auch noch Bilder, falls ihr die noch nicht kennt.) Ein total schöner aber auch sehr trauriger Tag mit vielen Tränen. Es kamen so viele Leute ins TSE, mit denen ich das Jahr über zu tun hatte. Alle schienen sie traurig zu sein, dass ich gehe, wünschten mir viel Glück und eine gute Reise und versicherten mir, dass sie mich ganz sehr vermissen würden. Meine Kinder spielten ein sehr schönes aber trauriges Theaterstück, dass sich Aisha ausgedacht hatte. Oliver und seine Künstlergruppe tanzten und sangen mir ein Lied vor. Von einigen habe ich einen Brief erhalten, den ich am Umsteigeflughafen in Äthiopien laß und mir dabei fast wieder die Tränen kamen.

 

Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, dass mich schon wieder viele von ihnen vergessen haben und kaum noch an mich denken. Im Office fällt vielleicht noch ab und zu mein Name, meine Bilder werden wohl noch an den Wänden hängen auch die Bilder der Kinder, die in der Zeit meines Malprojektes entstanden sind, werden noch – wenn sie meine Nachfolgerin nicht vielleicht sogar aufgehängt hat – im Schrank oder hinter dem Spiegel liegen. Mein Schmuckprojekt wird vielleicht weitergeführt und vielleicht auch der Deutschunterricht.

Es ist nun niemand mehr da, der die freitägliche Turnstunde abhält aber ansonsten geht alles für die meisten in gewohnten Bahnen weiter – ohne mich. Für mich ist das alles gerade unglaublich weit weg…

Auf dem TSE Grundstück wurde ein Bar gebaut, die in meinen letzten Wochen eröffnet wurde. Das hat unseren Trainingsplatz sehr eingeschränkt und natürlich auch das Training behindert. Ich weiß nicht, wie es da jetzt weitergeht.

 

Ich denke auch viel an die allerletzten Stunden in Dar es Salaam. Mein Mitfreiwilliger und ich wurden von einem ganzen Bus voller Leute mitten in der Nacht zum Flughafen begleitet. Wir saßen schon stundenlang bei uns zuhause im Wohnzimmer zusammen, nachdem die Koffer gepackt waren. Es war zwar total schön und gemütlich unter den ganzen Leuten zu sein, ein letztes Mal aber es fühlte sich auch unglaublich seltsam an. Nicht nur, dass ich sehr müde war, weil ich die komplette Nacht gar nicht geschlafen hatte, der Gedanke, dass ich bald nicht mehr hier bin und auch nicht weiß, wann ich wieder komme, machte mich doch schon ein bisschen traurig. Andererseits hatte ich schon keine Lust mehr darauf, die ganze Zeit verabschiedet zu werden und wollte nur noch, dass es endlich vorbei ist und ich im Flieger sitze und endlich schlafen kann. Ich war sehr gespannt was und vor allem wen ich in Deutschland antreffen würde.

Im Bus saß ich neben Aisha und wir hielten und genseitig die Hände. Meine beste Freundin war sehr traurig, dass ich gehe. Zwei Tage vorher, saßen wir die ganze Nacht bei ihr vorm Haus und haben geredet. Das letzte Mal zu zweit allein. Anscheinend ging es ihr dann auch nicht so gut, als ich weg war, sie wurde halb zum Bus getragen, nachdem ich im Flughafen verschwunden war. Einige Tage später ist ihr Bruder gestorben und sie wurde sehr krank. Ich wäre ihr gerne etwas beigestanden oder hätte sie zumindest öfters mal angerufen… Jetzt im Moment scheint es ihr wieder etwas besser zu gehen. Wohl könnte sie jetzt wieder ab und zu lachen.

 

Ich weiß nicht genau, was Paula, meine Nachfolgerin so macht, nur das sie im Moment wohl noch im Urlaub ist. Ich hätte ja ihre Urlaubsvertretung gemacht aber leider bin ich viel zu weit weg… Vor allem gedanklich.

 

Zu meinen Kindern habe ich gar keinen Kontakt, nicht mal per E-Mail. Ich habe sie nur über Aisha grüßen lassen, die es ausgerichtet hat und meinte sie hätten sich gefreut. Ich werde weiterhin zu Tansania Kontakt halten, auch schon, weil ich Kiswahili nicht vergessen will.

 

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